Warum ist interne Kommunikation wichtig?
Interne Kommunikation findet immer und überall dort statt, wo Menschen zusammen sind. Sie erfüllt ein menschliches Grundbedürfnis. Im Unternehmenskontext verstehen wir unter interner Kommunikation ein geplantes und gesteuertes Kommunikationsmanagement. Durch den Einsatz geeigneter Kommunikationsmittel sollen die Bedürfnisse der Mitarbeiter nach Information, Kommunikation und Zusammenarbeit erfüllt werden. Damit leistet die interne Kommunikation einen wichtigen Beitrag zur Erreichung der Unternehmensziele.
Ein Fazit aus den Leitfadeninterviews der ZHAW Studie lautet: «Die interne Kommunikation verfügt über sehr knappe Ressourcen.» Woran liegt das?
Wir haben in unserer Studie mit Kommunikationsverantwortlichen von mittelgrossen Schweizer Unternehmen gesprochen. Die Mitarbeitendenzahl reichte von 280 bis 1070 Mitarbeitenden. Im Vergleich zu Grossunternehmen sind dort die Ressourcen naturgemäss sehr viel knapper. Es ist aber in der Tat eine alte Klage, dass der internen Kommunikation zu wenig Aufmerksamkeit geschenkt wird. Wir erleben in dieser Hinsicht aber gerade eine Zeitenwende: die digitale Transformation im Allgemeinen und die Corona-Krise im Speziellen haben den Wert der internen Kommunikation deutlich sichtbar gemacht.
Viele Unternehmen arbeiten laut der ZHAW Studie noch mit veralteten Intranet-Lösungen. Woran könnte es liegen, dass sich viele Unternehmen immer noch schwer tun den digitalen Arbeitsplatz einzurichten?
Das hat sicher unterschiedliche Ursachen. Viele Unternehmen investieren lieber in ihre externe Kommunikation, in einen überzeugenden Internet-Auftritt oder in verkaufsfördernde Marketingkommunikationsmittel. Zudem haben viele Firmen einen technologischen Flickenteppich. Man scheut sich, funktionierende Systeme anzutasten. Letztlich ist es aber auch eine Frage der Unternehmenskultur: wer Dialog und Kollaboration fördern will, wird auch eher bereit sein, in moderne Plattformen zu investieren.
Interne Kommunikation zu ALLEN Mitarbeitenden wird ja in vielen Unternehmen – gerade in Industriebetrieben - immer noch als «nice to have» betrachtet. Was ist deine Meinung dazu?
In vielen Unternehmen hat man sich zu lange damit abgefunden, dass man nicht alle Mitarbeiter mit Kommunikationsmitteln wie dem Intranet oder der E-Mail erreichen kann. Ich glaube aber, dass in den Unternehmen derzeit ein Umdenken stattfindet. Die Notwendigkeit ist mittlerweile jedem klar. Dann gibt es mittlerweile auch gute Kommunikationstools, die keinen eigenen digitalen Arbeitsplatz benötigen. Die Mitarbeiter-App Beekeeper zum Beispiel wird erfolgreich in Industrieunternehmen eingesetzt.
Inwiefern ist die Nachfrage an einer gut funktionierenden internen Kommunikation seit COVID-19 gestiegen? Kann die interne Kommunikation durch das vermehrte Arbeiten von zu Hause profitieren?
Wenn man keine Mitarbeiter mehr vor Ort hat, muss man zwangsläufig die interne Kommunikation stärken, wenn man sie nicht "verlieren" will. Ich denke, die bisherigen Erfahrungen sind überwiegend positiv: Führungskräfte und Mitarbeiter haben gemerkt, dass die Grundfunktionen der internen Kommunikation, nämlich Information, Dialog und Zusammenarbeit, auch auf Distanz funktionieren können. Tools wie MS Teams, Skype oder auch Zoom haben einen starken Aufschwung erfahren und werden auch in Zukunft das Kommunikationsrepertoire bereichern. In dieser Zeit wurde aber auch deutlich, dass persönliche soziale Kontakte nur bedingt digital nachgebildet werden können.
Was sind deiner Meinung nach die grössten Herausforderungen in der internen Kommunikation für Schweizer Unternehmen?
In unsere Studie haben wir darauf einige Antworten erhalten. Die Erreichbarkeit der Mitarbeitenden bleibt trotz dem derzeitigen Innovationsschub eine wesentliche Herausforderung. Die Tool-Vielfalt und die damit verbundene Informationsflut sind als weitere Herausforderungen zu nennen. Und dann ist es nach wie vor nicht einfach, an der Schnittstelle von Kommunikations-, HR- und IT-Abteilung eine konsistente interne Kommunikation zu gestalten.
Hat die Covid-19 Epidemie die Anforderungen an die Kommunikationskanäle verändert?
Nicht grundlegend. Da die Mitarbeitenden nicht mehr physisch präsent waren, haben Tools mit Videofunktion einen ungeheuren Aufschwung erlebt. Dies hat bei einzelnen Unternehmen anfänglich zu Bandbreitenproblemen geführt. Mittlerweile scheinen das die meisten im Griff zu haben.
In der ZHAW Studie wird darauf hingewiesen, dass es eine Vielzahl an Tools und Plattformen für die interne Kommunikation gibt. Welche Kriterien sind matchentscheidend bei der Auswahl des richtigen Tools?
Die bestehenden Tools müssen sicher als Ausgangslage mitberücksichtigt werden. Idealerweise ergänzt ein neues Tool die bereits existierenden Kommunikationsmittel und schafft nicht einfach eine Verdoppelung. Von Experten wird mitunter empfohlen, dass das Tool zum Unternehmen und seiner Kultur passen soll. Das ist nicht falsch. Ich gehe da aber einen Schritt weiter. Die Einführung eines neuen Tools kann auch ein mächtiges Instrument sein, um an der Unternehmenskultur zu arbeiten. Voraussetzung dafür ist, dass die Unternehmensführung dahintersteht und eine Vorbildfunktion ausübt.
Wer sind aus deiner Sicht die wichtigsten Stakeholder in einer Organisation bei der Einführung eines neuen Tools?
Wer heute ein neues Intranet lanciert, gestaltet dieses ja mit grösster Wahrscheinlichkeit als ein dialogfähiges, also als ein Social Intranet. Idealerweise vereint dieses Informations-, Kommunikations- und Kollaborationsfunktionen. Die breite Abstützung im Unternehmen gelingt nur, wenn jeder einzelne Mitarbeitende als wichtiger Stakeholder betrachtet wird. In einer digitalisierten Welt übernimmt nämlich jeder Mitarbeitende Kommunikationsfunktionen. Kommunikation wird zu einer Gemeinschaftsaufgabe. Natürlich gilt auch hier: Ohne die vorbehaltlose Unterstützung durch die Unternehmensleitung hat es auch ein Social Intranet schwer.
Profil
Markus Niederhäuser ist Leiter Weiterbildung am Institut für Angewandte Medienwissenschaft IAM der ZHAW. Die Studie «Interne Kommunikation von mittelgrossen Unternehmen» hat er zusammen mit Katharina Krämer und Nicole Rosenberger durchgeführt und kann hier heruntergeladen werden.
Die Studie wurde auf Anregung und mit einer Teil-Finanzierung durch die Firmen isolutions AG und ahead AG ermöglicht.